Klangkunst Koblenz Guitar Festival & Academy 2022
SONNTAG 29. MAI - MONTAG 6. JUNI 2022
"eyes & ears" Klanginstallationen für das Koblenz Guitar Festival & Academy 2022
Vernissage 29. Mai 17:00 in der Rhein-Mosel Halle
Nach dem Erfolg der Klangkunstarbeiten im Festival im Oktober 2021 wurde die Klasse Klangkunst-Komposition der Hochschule für Musik Mainz auch für dieses Jahr eingeladen, Arbeiten zu präsentieren. Die Arbeiten wurden bis auf die Playstation alle für das Festival neu entwickelt.
JUAN BERMUDEZ
Meine Großmutter hat lange Zeit ein altes Lied gesungen. Das Lied heißt "se va la lancha" (das Boot fährt ab) oder in einer anderen Version "La lancha".
Eine Frau, die über einen Mann singt, der zur See gefahren ist und nie zurückkehrte, ist ein in vielen Kulturen verbreitetes Thema. Die Installation nutzt verschiedene Lieder in einer poetische Darstellung dieser Situation. Der Klang des Liedes selbst bewegt das Wasser in Zinkwannen und das Papierboot in ihm. Eine Parallele zur Loreley nur wenige Kilometer rheinaufwärts, die mit ihrem Gesang und ihrer Schönheit die Schiffer ablenkte, so daß diese verunglückten und ertranken und damit auch nie zurückkehrten, ist durchaus beabsichtigt.
“Se va, se va, la lancha
se va con el pescador
y en esa lancha que cruza el mar se va también mi amor.
¿Quién sabe hasta cuando
la lancha no volverá?
y yo me quedo cantando aqui: se va, se va, se va.”
"Das Boot fährt ab, es fährt ab
es fährt mit dem Fischer
und in dem Boot, das über das Meer fährt,
fährt auch meine Liebe weg.
Wer weiß, wie lange
das Boot nicht mehr zurückkommt?
Und ich bleibe hier und singe:
es fährt, es fährt , es fährt."
DANBI JEUNG / JUAN BERMUDEZ
"Look at the other side" - schau Dir auch die andere Seite an - wird oft als Ratschlag verwendet, um die Situation aus einer anderen Perspektive zu betrachten. Aber in dieser Arbeit wird es jedoch in seiner wörtlichen Bedeutung verwendet.
Wenn Gitarren, Blumensträuße und Teebeutel Augen und Ohren hätten, was würden sie hören und sehen? Und außerdem, wie sähe es aus, wenn sie wie Menschen Instrument spielen, essen und trinken könnten?
LEON SENGER
Papierschnipsel, herausgelöst aus dem Format der Seite, balancieren im Raum - auf Ihnen Zeichnungen. Jede dieser Zeichnungen scheint für sich genommen zunächst chaotisch, in ihrer Gesamtheit zeigt sich, dass sie jeweils einen Ausschnitt aus eigentlich grenzenlosen komplexen Strukturen in verschiedenen Dichten und Größen zeigen. Zwischen den sich langsam bewegenden Papieren tauchen immer wieder Lautsprecher auf, aus denen dafür umso schnellere Klänge ertönen. Die Energie des Zeichenprozesses und die Frage danach, wo die improvisierten Texturen eigentlich ihren Ursprung haben, werden durch die Klangkomposition wieder lebendig. Der klangliche Teil dieser Arbeit hat seinen Ursprung zunächst im Zeichnen selbst, verweist aber auch darüber hinaus und bietet zahlreiche Anknüpfungspunkte und Raum für Assoziationen.
Leon Senger arbeitet also ganz direkt mit der Verbindung von Klang und Bild. Er zeichnet kleinteilige geschwungene Linien in einem fast automatischen Prozess. Mit mehreren Mikrophonen nimmt er die Geräusche dieses Prozesses auf und sammelt zudem weitere Klänge, die in Komplexität und Energie mit seinen Zeichnungen verwandt sind. In der Arbeit verbinden sich diese zweidimensionalen Zeichnungen mit dem Klang zu einem dreidimensionalen Raum.
NICOLA HEIN
Die Playstation 4200 besteht aus einem runden Tisch, 2 Kopfhörern, einem Verstärker, Klangobjekten, 12 Gitarrensaiten, 2 Gitarrentonabnehmern und einem Metallrahmen. Die Besucher sind eingeladen, mit den Objekten zu experimentieren, die Saiten zu spielen und das Ergebnis über den Kopfhörer zu hören.
Durch seine Konstruktion hat es eine gewisse strukturelle Ähnlichkeit mit einer E-Gitarre, und das Spielen auf ihm hat eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Spielen einer präparierten Gitarre - mit all den historischen Konnotationen dieses dieses Instruments und der Tradition, auf die man sich bezieht, sobald man es spielt.
Damit wird aber die Grundannahme des Werkes deutlich: Obwohl sie strukturell analog zur E-Gitarre ist, ist das Verhältnis zu ihr ein ganz anderes.
Sie konfrontiert das Publikum mit einem Spiel, das eben kein stilistisches Weltbild hat. Das Publikum wird auf sich selbst zurückgeworfen und findet sich in einer Situation wieder, die dazu auffordert, durch den intuitiven Gebrauch des Objekts ein Weltbild zu erschaffen.
Dieser Prozess des Konzipierens, Spielens, Experimentierens ist ein im Wesentlichen kommunikativer Akt. Die Die Besucher spielen mit dem Objekt und stellen die Spielregeln während des Spiels auf, sie finden ihre Regeln sowohl individuell als auch kommunikativ. Die Offenheit der Situation fordert zum Erfinden auf, denn es gibt keine festgelegten Verhaltensweisen, kein Spiel. Da Menschen aus verschiedenen Blickwinkeln denken, kann man beobachten und hören, wie Menschen kommunikativ ihre eigenen, individuellen Weltbilder entwerfen, während sie auf der Playstation 4200 Sound machen.
Das Spielen wird mehr als es selbst: Es ist nun ein erkenntnistheoretischer, (musik)ontologischer Akt, der eine spezifische Verantwortung und Offenheit für das (unvorhergesehene) Handeln des Anderen und die Entwicklung der Situation verlangt, die den Blick auf die weiten Annahmen öffnet, die wir bei der Klangerzeugung machen.
Eine Welt erfinden, während man spielt
WINGEL MENDOZA
Der Glaube, dass Pflanzen uns kultivieren, rührt von der Tatsache her, dass sie uns ernähren, uns Sauerstoff geben und sogar unsere Sinne wie Sehen, Riechen und Hören befriedigen. Sie helfen auch bei Heilung bestimmter Krankheiten. Und doch bleiben diese Phänomene manchmal unbemerkt. Durch die Bio-Art Installation „With the beings we are sounds” werden diese Manifestationen verstärkt und in Handlungen umgewandelt, die in Echtzeit wahrgenommen werden können. Durch diese verschiedenen Handlungen wie z.B. dem Zuhören können wir die Präsenz der Pflanze spüren, die sich manifestiert.
Kurzbios
JUAN DAVID BERMÚDEZ
ist ein kolumbianischer Klangkünstler, Komponist und Musikproduzent. Seine Arbeit als Künstler verhandelt die Erfahrbarkeit von und die Beziehungen zwischen Klang, Raum und Zeit. Juan David studierte Musik und Tontechnik an der Universität Javeriana in Kolumbien.
Er war Teil der experimentellen Musikensembles Time Canvases und Indemo, die Musik in unkonventionellen Umgebungen aufführen und komponieren, in der Hoffnung, Erfahrungen zu schaffen, in denen die Musik Teil alltäglicher Situationen wird.
Seit 2021 studiert er Klangkunst-Komposition an der HfM Mainz und stellte u.a. bei dem Festival SoundSeeing im Münsterland und bei Klangkunstfestival Opening in Trier aus. Er wurde mit dem Deutschland Stipendium ausgezeichnet und erhält im Jahr 2022 den Kulturförderpreis Rotary Club Mainz-Churmeyntz.
DANBI JEUNG
studierte instrumentale und elektronische Komposition in Seoul, Hannover und Karlsruhe, u.a. Meisterschülerin bei Prof. Wolfgang Rihm. Seit 2019 führt sie parallel ihr Klangkunst-Studium bei Prof. Peter Kiefer, Prof. Stefan Fricke und Prof. Frauke Eckhardt an der Musikhochschule in Mainz fort. In ihren Werken arbeitet sie mit der Verbindung von Klang, Theater und Text und bezieht naturhafte, soziale und psychische Phänomene mit ein. In 2021 stellte er bei dem Festival SoundSeeing im Münsterland und bei Klangkunstfestival Opening in Trier aus und ihr Streichquartett 51:49' wude in Seoul von INO (International Intercourse of New music organisation) mit Unterstützung der Seoul Foundation for Arts and Culture uraufgeführt. Im März 2022 gab es im Badischen Staatstheater die Uraufführung ihrer Werkes Trauerfeier für Künstler unter er Leitung von Ulrich Wagner. Sie erhielt das Deutschland Stipendium und wird in 2022 durch das Deutscher Musikrat – Neustart Kultur Scholarship gefördert
NICOLA HEIN (ALUMNI)
studierte Jazzgitarre, Klangkunst-Komposition, Philosophie und Deutsche Philologie an der Universität Bonn und an der Universität Mainz. Er war Visiting Scholar an der Columbia University in New York, wo er mit Prof. George E. Lewis arbeitete und momentan seinen Ph.D. abschließt.
Seine künstlerischen Arbeiten als Klangkünstler, Gitarrist und Komponist Nicola L. Hein (geb. 1988 in Düsseldorf) sind bestimmt durch intermediale Interaktion von Klang und Raum, Licht und Bewegung in ästhetischen Systemen. Er arbeitet mit mechanischen und elektronischen Erweiterungen von Synthesizern und E-Gitarre, mit Klanginstallationen und Videoprojektionen. Gleichwohl beruhen seine musikalischen Performationen auf der Spontanität in der ästhetischen Aktion. In seiner Arbeit als Klangkünstler baut er Installationen, Skulpturen, Instrumente, erforscht die Interaktion von Klang, Material und Raum, arbeitet mit Feldaufnahmen, programmiert (intelligente) Softwaresysteme, schafft eine Vielzahl intermedialer Arbeiten, beschäftigt sich mit Netzwerktechnologien und entwickelt künstlerisch Handlungsräume zwischen Mensch, Natur und Technik.
Mit Unterstützung des Goethe-Instituts und vieler anderer Institutionen wurden seine Kunstwerke in mehr als 30 Ländern weltweit realisiert. Er hat mit vielen der weltweit bekanntesten Musiker auf dem Gebiet der improvisierten Musik zusammengearbeitet. Darüber hinaus arbeitet er als Forscher auf dem Gebiet der Ästhetik und hält Vorträge an verschiedenen Institutionen auf der ganzen Welt.
Er studierte von 2015 bis 2018 Klangkunstkomposition bei Prof. Peter Kiefer an der Hochschule für Musik der Johannes Gutenberg-Universität Mainz und schloss 2018 seinen Master of Music ab.
Zurzeit vertritt er eine Professur für Klangkunst an der Hochschule für Musik und Theater München. Er ist Mitglied der Junge Akademie | Mainz.
WINGEL MENDOZA
studierte Komposition am Trinity College London und am Konservatorium Rotterdam. Er besuchte die Meisterklasse für Komposition an der Hochschule für Musik Würzburg und ist momentan Meisterschüler im Studiengang Klangkunst-Komposition in Mainz.
Seine Arbeiten erweitern die Kontexte von Klängen durch eigene analoge, digitale Instrumente oder externe elektronische Quellen und in Interaktion mit anderen Künsten. 2021 war er für ein halbes Jahr Stipendiat im Künstlerdorf Schöppingen und erhielt den Kulturförderpreis Rotary Club Mainz-Churmeyntz. In 2021 stellte er bei dem Festival SoundSeeing im Münsterland und bei Klangkunstfestival Opening in Trier aus. Im März/April dieses Jahres war er für mehrere Vorträge und Workshops vom Parque Cultural Reynosa, Mexiko eingeladen und hatte einen Kompositionsauftrag für das Schauspiel "Behalt das Leben lieb" am Hessischen Staatheater Wiesbaden.
https://wingel82.wixsite.com/wingelmendoza
© Credits / Fotonachweis: Asja Schubert
LEON SENGER
ist Schlagzeuger, Improvisator und Klangkünstler. Im Jahr 2020 beendete er mit einem erfolgreichen Bachelor-Abschluß sein Jazz & Pop Studium an der ArtEZ University of the Arts in Arnhem (NL). Dort entdeckte er seine Vorliebe für improvisierte Musik und die Erforschung von Klängen, unter anderem im Unterricht bei Etienne Nillesen. In der Folge entschloss er sich, seine künstlerische Praxis über das rein Musikalische hinaus zu erweitern und studiert seit Oktober 2021 Klangkunst-Komposition bei Peter Kiefer an der HfM Mainz. Aktuell setzt er sich aus dem Blickwinkel bzw. mit der "Hörhaltung" eines an Klängen interessierten Künstlers mit dem Zeichnen auseinander und verbindet dabei visuelle und klangliche Texturen. Gelegenheit zur Erarbeitung dieser Konzepte bot ihm Anfang dieses Jahres unter anderem ein Stipendium für den 8. internationalen Wintercampus der Künstlerstadt Kalbe.
Frauke Eckhardt
Ihre Klanginstallationen und Klanginstrumente entwickeln räumlich-zeitliche Displays eigenzeitlichen Erlebens und nonverbaler Kommunikation. Rezipient:innen werden für den künstlerischen Prozess unabdingbar.
Sie lehrte 2010/11 „Audiovisuelle Kunst“ an der Hochschule der Bildenden Künste Saar in Saarbrücken. Seit WS 2020 ist sie Gastprofessorin für Sound II an der Kunsthochschule für Medien Köln und lehrt seit 2022 im Studiengang „Klangkunst-Komposition“ an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz.
foto: le
PETER KIEFER
ist Klangkünstler, Komponist und Klangforscher.
Seine Kompositionen und Klangkunstwerke thematisieren stets den Raum und wurden international aufgeführt und ausgestellt.
Er lehrte an der Kunsthochschule für Medien Köln und ist seit 2001 Professor der Hochschule für Musik Mainz an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. 2010 initiierte er den Masterstudiengang "Klangkunst-Komposition" und ist Leiter der Abteilung "Klangkunst-Komposition".
2018 erhielt er vom Gutenberg Forschungskolleg ein Fellowship für das Klangforschungs-Projekt A.R.S. Art - Research - Sound.
Foto: Nicola Hein
https://ars.uni-mainz.de/research-associates/
https://www.musik.uni-mainz.de/lehrende/peter-kiefer/
Klasse Klangkunst-Komposition der Hochschule für Musik Mainz
Die Hochschule für Musik Mainz an der Johannes Gutenberg-Universität bietet als einzige Musikhochschule in Deutschland einen Studiengang für Klangkunst-Komposition an. Dieser Masterstudiengang richtet sich gleichermaßen an Musiker*innen und Künstler*innen. Seit 2019 ist auch das Studium im dritten Studienabschnitt für Meisterschüler*innen möglich.
Der Studiengang basiert auf den neuesten Entwicklungen eines intermediären Musik- und Kunstverständnisses. Hier fokussieren sich Strömungen der Neuen Musik, der elektronischen Komposition, der Klangkunst, der audiovisuellen Kunst und der radiophonen Kunst, der Ars Acustica, zu einer thematischen Einheit. Auf höchstem künstlerischem Niveau werden kompositorische Ansätze mit verräumlichenden und intermediären Kompositionsstrategien erforscht und weiterentwickelt.
Dazu gehören die Erarbeitung von Raumklang- bzw. Klanginstallationen ebenso wie performative Konzepte oder mediale Repräsentationen. Im vergangenen Jahr präsentierte die Klasse Klangkunst-Komposition im Rahmen des Festival SOUNDSEEING 2021 Arbeiten im Kulturgut Haus Nottbeck und im Kunstverein Münsterland in Coesfeld. Sowie beim Festival OPENING in Trier 15 Arbeiten an mehreren Standorten in Trier u.a. im Karl-Marx-Haus, Museum am Dom und dem Museum Simeonstift neben der Porta Nigra. Und eben auch beim Gitarrenfestival Koblenz.
Studierende dieses Studiengangs gewannen zahlreiche Preise: Operare Berlin 2010, Sound of E-Motion RWTH Aachen 2011, Kalkhof-Rose Stipendium, Rotary Churmeyntz Kulturförderpreis, Künstlerstipendium New York des Ministeriums für Kultur und Wissenschaft des Landes NRW, zahlreiche Residencies u.a. Künstlerdorf Schöppingen, Tokyo Wonder Site sowie Sapporo in Japan und hatten Ausstellungsbeteiligungen u. a. im Kommunikationsmuseum Frankfurt und auf der Art Basel. Der Klang-Lichtraum resonate wurde beim Festival >Luminale< in Frankfurt und anschließend im Kubus des ZKM Karlsruhe bei der Ausstellung Sound Art gezeigt.
Den Studiengang leitet Univ.-Prof. Peter Kiefer, aktuell unterrichten auch Prof. Fraucke Eckhardt, Prof. Stefan Fricke, Prof. Dr. Salomé Voegelin. Gastprofessoren waren Prof. Dr. Florian Dombois, Prof. Alvin Curran, Prof. Miya Masaoka, Prof. Bernhard Leitner, Prof. Anke Eckardt, Andres Bosshard und Kaspar König.
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